Anfang des 20. Jahrhunderts feierten die Ballets Russes des russischen Impresarios Sergej Djagilev in ganz Europa große Erfolge. Maßgeblich beteiligt daran waren Igor’ Stravinskijs frühe Ballette: L’Oiseau de feu (1910), Pétrouchka (1911) und Le Sacre du printemps (1913). Heute führen Orchester diese Werke zumeist ohne Tanz auf; und ChoreografInnen und PerformancekünstlerInnen interpretieren sie zu aufgezeichneter Musik.
Ziel des an der Universität Basel angesiedelten und vom Schweizerischen Nationalfond geförderten Forschungsprojekts Igor’ Stravinskijs Ballettwerk. Entstehung und Konzeptions als interdisziplinäres Projekt war es, jene Ballette als das zu betrachten, was sie ursprünglich darstellten: Gesamtkunstwerke aus den gleichberechtigten Bestandteilen Musik, Tanz und Bühnenbild.
Dieser Ansatz eröffnete neue Perspektiven: methodisch, weil man einem überaus heterogenen Quellenkorpus gegenüberstand und mit Erkenntnissen unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen konfrontiert wurde; inhaltlich, weil durch eine Blicköffnung über die Fachgrenzen hinaus Zusammenhänge erkennbar wurden, welche die Forschung bis dahin gleichsam ignoriert hatte. Die Ballets Russes setzten sich nämlich intensiv mit Vertretern der um 1900 von Deutschland ausgehenden Theaterreform auseinander, rezipierten deren (theoretische) Texte und diskutierten diese sogar mit ihnen. Nicht zuletzt war es diese Reformbewegung, die eines der Schlüsselwerke der Moderne wesentlich beeinflusste: Igor’ Stravinskijs und Vaslav Nižinskijs Choreodrama Le Sacre du printemps.
- Wissenschaftliche Mitarbeiterin im vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten und am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Basel angesiedelten Forschungsprojekt (Projektleitung: Prof. Dr. Matthias Schmidt)